"Dann habe ich einfach versucht, die Stöcke wegzulassen"

Konrad Schürmert ist unser Triathlon-Held im Juli powered by Zurich. Wir haben mit dem 60-Jährigen, der erst 2015 mit Sport begann, über einen langen Weg, über Überstunden auf dem Walking-Kurs und über das Feiern mit Zuschauenden gesprochen.

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Konrad Schümert
Ich finde es super, wenn sich Leute an die Strecke stellen und uns zujubeln. Ich bedanke mich dann meistens dafür, jubel zurück oder starte eine Laoloa-Welle. Meine Tochter sagt immer, ich soll nicht so viel Unsinn machen.
Konrad Schürmert

Hallo Konrad, herzlichen Glückwunsch zum Titel des Triathlonheldens.

Vielen Dank, ich habe mich sehr darüber gefreut. Es ist mein erstes Interview überhaupt.

Auch hierfür ist es nie zu spät. Im Sport warst du ja auch ein Spätstarter.

Ganz genau. 2015 habe ich in der Betriebssportgruppe des Zolls mit Walking angefangen.

Vorher hast du gar keinen Sport gemacht?

Nein, bis auf einmal Schwimmen die Woche. Ich hatte zu dem Zeitpunkt bereits drei Bandscheibenvorfälle. Mein Arzt hat mir aufgetragen, dass ich meine Körpermitte trainieren muss.

Das klingt nicht so, als hättest du besonders viel Spaß dabei gehabt.

Am Anfang hatte ich auch keinen Spaß. Ich habe mir schwer damit getan, durchzuhalten. Mit der Zeit habe ich dann allerdings gemerkt, wie gut mir das Schwimmen für den Rücken tut. Oder anders ausgedrückt: Wenn ich mal nichts getan habe, war der Schmerz schnell wieder da.

Wie ist es dazu gekommen, dass du 2015 mit Walken angefangen hast?

Bei meinem Arbeitgeber ist eine Betriebsportgruppe für Walken gegründet worden. Erst wollte ich nicht mitmachen, habe mich dann doch zur Teilnahme entschieden – immerhin bekommt man die Teilnahme mit einer Überstunde vergütet (lacht). Walken fand ich nach ein paar Mal allerdings ein bisschen öde. Dann habe ich einfach versucht, die Stöcke wegzulassen.

Mit Erfolg?

Beim ersten Mal Joggen bin ich vielleicht 100 Meter weit gekommen. Dabei ist die Runde, die ich packen wollte, 5,4 Kilometer lang. Es hat ein paar Monate gedauert, bis es mir gelungen ist, die Runde am Stück zu joggen.

Der Ehrgeiz hatte dich also gepackt.

Genau. Nachdem ich die Runde am Stück geschafft hatte, bin ich öfter von zu Hause aus gelaufen. 5,4 Kilometer in eine Richtung gejoggt, die gleiche Strecke zurückgegangen. Irgendwann dachte ich: Es geht doch viel schneller, wenn ich die Strecke auch zurückjogge. Also bin ich von Mal zu Mal mehr gelaufen, bis es mir irgendwann gelungen ist, die Strecke nicht nur hin, sondern auch zurück zu joggen.

Und irgendwann gab es die ersten Wettkampfteilnahmen.

Meine Tochter hat mich mit zu einem Zehn-Kilometer-Lauf genommen. Es hat solch einen Spaß gemacht, vor Publikum zu laufen. Die Anstrengung habe ich gar nicht gespürt. Ich wollte mehr davon.

Bald bist du längere Strecken gelaufen – und hast Triathlon für dich entdeckt.

Ich habe im Fernsehen Triathlonwettkämpfe gesehen und dachte: schwimmen und laufen kannst du, das ist etwas für dich. Auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, wie man noch laufen können soll, nachdem man Rad gefahren ist. Mein erster Triathlon hat dann gleich sehr viel Spaß gemacht. Es war der Knackpunkt, seitdem ist Triathlon mein Ding und ich habe bereits alle Distanzen absolviert.

Ein Rennen für deine erste Langdistanz zu finden, war gar nicht so einfach.

Ich suchte schon ein bisschen und habe dann auf der Webseite der Deutschen Triathlon Union gesehen, dass ich mich für einen Start bei der Langdistanz-WM in Almere (2021, Anm. d. Red.) bewerben kann. Das habe ich gemacht und einen Startplatz bekommen. Es war ein unglaubliches Rennen. Die Zuschauende waren so cool, haben die Athletinnen und Athleten ohne Ende gepusht und abgefeiert. Es war eine ganz spezielle Atmosphäre.

Interagierst Du gerne mit Zuschauenden?

Ich finde es super, wenn sich Leute an die Strecke stellen, die Sportlerinnen und Sportler anfeuern, deren Namen rufen und ihnen zujubeln. Ich bedanke mich dann meistens dafür, jubel zurück oder starte eine Laoloa-Welle. Meine Tochter sagt immer, ich soll nicht so viel Unsinn machen. Aber mir macht das einfach sehr viel Spaß.

Ich habe mit meinem Zopf einen recht hohen Wiedererkennungswert. Nach dem Rennen in Almere war ich auf dem Rückweg zum Campingplatz. Da haben mich Menschen wiedererkannt und gebeten aus dem Auto auszusteigen. Sie haben mich gefragt, wie es lief und mich noch einmal richtig abgefeiert. Das war schon schön.

Was gibt dir das?

Freude. Ich finde, sehr viele Athletinnen und Athleten sind sehr verbissen auf der Strecke unterwegs. Ich fühle mich vom Publikum getragen. Das gibt mir so viel Energie, dass ich oftmals denke, ich könnte jetzt noch eine Runde mehr schaffen. Auch wenn das jetzt vielleicht komisch klingen mag.

Welche Bedeutung hat Sport für dich?

Eine große Bedeutung. Seitdem ich Sport mache, ist meine Lebensqualität deutlich gestiegen. Ich möchte nicht mehr ohne Sport sein. Mit Sport habe ich ein ganz anderes Körpergefühl. Mein Leben ist schöner und lockerer geworden.

Ärgerst du dich manchmal, nicht früher mit Sport begonnen zu haben?

Nein. Ich schaue nach vorne. Was gewesen ist, ist vorbei. Ich kann es eh nicht ändern. Klar sagen andere Leute manchmal zu mir, ich hätte diese oder jenes erreichen können, wenn ich früher begonnen hätte. Aber es ist müßig, darüber nachzudenken. Ich bin zufrieden wie es ist und trauere nichts nach.

Gibt es im Sport noch etwas, was du erleben möchtest?

Ich verfolge gerade die European Championships in München im Fernsehen. Da habe ich mich schon maßlos über mich selbst geärgert, dass ich da als Altersklassen-Athlet bei den Europameisterschaften nicht dabei war.

2023 gibt es Mitte Juli eine weitere internationale Altersklassen-Meisterschaft in Deutschland mit der WM in Hamburg.

Das ist auf jeden Fall ein Ziel, über das es nachzudenken lohnt.

Du hast auch eine tolle, spannende oder witzige Geschichte zu erzählen, wie du zum Triathlon gekommen bist? Oder Verletzungen/Krankheiten oder besondere Momente/Ereignisse haben dich erst recht angespornt, (weiter) aktiv zu sein? Dann schreibe uns eine E-Mail an medien@dtu-info.de. Und vielleicht erscheint hier bald deine Geschichte.