"Viele Frauen sagten: Jetzt erscheint mir Triathlon machbar"

Die Deutsche Triathlon Union (DTU) hat sich zum Ziel gesetzt, mehr Frauen zum Ausdauerdreikampf zu animieren. Denn noch immer sind weniger Frauen im Triathlon aktiv als Männer. Warum dies so ist, wie sich das ändern lässt und was dies mit Männern zu tun hat, darüber haben wir mit Ulla Chwalisz, Beauftragte für Sportentwicklung der DTU, und Heiko Berger, Mitarbeiter Sportentwicklung, gesprochen.

Frauen
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Es geht darum, vermeintliche Hürden abzubauen
Heiko Berger

Heute ist Weltfrauentag: wie steht es um Frauen im Triathlon?

Heiko Berger: Triathlon ist weiterhin männerdominiert. Weniger als 30 Prozent der Startpassinhaber*innen sowie Teilnehmer*innen bei Wettkämpfen sind Frauen. Diese Zahlen bergen zugleich jedoch ein großes Potential. Denn wir können noch viele Frauen davon überzeugen, dass Triathlon eine tolle Sportart ist. In den vergangenen Jahren lässt sich bereits eine positive Entwicklung sehen.

Ulla Chwalisz: Das Interesse der Frauen am Triathlon ist sehr groß. In Hessen gab es über Jahre reine Frauen-Einsteiger-Workshops. Die Teilnehmerinnen haben danach oft gesagt: So einfach habe ich mir Triathlon gar nicht vorgestellt. Jetzt erscheint es mir machbar.

Damit wären wir bei der Frage, warum überwiegend Männer den Sport betreiben bzw. warum bei Triathlonwettkämpfen deutlich weniger Frauen als Männer starten?

Heiko: Triathlon wird häufig mit der Langdistanz gleichgesetzt. Ein weiterer Punkt, der abschreckt, ist der vermeintliche große Zeitaufwand für das Training.

Ulla: Dabei kann man mit einem geringen Maß an Training und ohne Jahre im Ausdauersport aktiv gewesen zu sein, schon kurze Triathlon-Distanzen bewältigen. Das tolle Gefühl beim Überqueren der Ziellinie ist einem in jedem Fall sicher. Triathlon ist viel mehr als nur eine Extremsportart. Triathlon eignet sich wunderbar als Breiten- und Gesundheitssport.

Was unternimmt die DTU für die Gleichstellung?

Heiko: Es geht darum, diese gerade schon angesprochenen, vermeintlichen, Hürden abzubauen. Es gibt nicht nur die langen, sondern auch die kurzen Strecken. Mit Sicherheit gibt es um die Ecke einen Verein und auch Wettkämpfe, bei denen Einsteiger*innen herzlich willkommen sind, unabhängig vom Leistungsstand. Bei jedem Wettkampf darf Brust geschwommen oder das Hollandrad benutzt werden. Der Einstieg ist also einfacher als man denkt.

Ulla: Wir sehen auch beim Deutschen Olympischen Sportbund, dass Gleichstellung in allen Sportarten und Sportfunktionen ein absolutes Topthema im Moment ist. Diese Chance müssen wir nutzen.

Wo und wie können Frauen aktiver werden?

Heiko: Jeder Verein, und auch wir als Verband, freuen uns über weitere Frauen in unseren Reihen. Sie können sich dort nicht nur als Athletin, sondern auch als Trainerin, Funktionärin oder Kampfrichterin einbringen. Die Perspektive und das Engagement von Frauen im Triathlon sind eine echte Bereicherung.

Ulla: Es geht auch darum, andere mitzunehmen und zu begeistern. Der Multiplikatoreffekt wirkt aus jeder der genannten Positionen heraus. Je mehr Frauen dabei sind, umso größer ist die Anziehungskraft für andere Frauen. Ich erlebe das gerade bei mir im Verein in München. Immer wieder kommen Frauen auf mich zu und fragen, ob und wo sie mitmachen können.

Braucht es Angebote, die direkt Frauen ansprechen?

Ulla: Männer sind risikobereiter, beginnen mit einer Sportart, weil sie Freude erwarten. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Frauen anders mit Neuem umgehen. Während Männer etwas sofort ausprobieren, wollen Frauen erst wissen, wie es geht und probieren es dann aus. Frauen haben ein anderes Gefühl für Zeitmanagement. In Baden-Württemberg und in Bayern gibt es Angebote und Workshops, die sich an Frauen direkt richten. Diese gilt es in den kommenden Jahren auf weitere Bundesländer auszudehnen. Auch Startgruppen bei Wettkämpfen extra für Einsteigerinnen sind denkbar.

Heiko: Man muss hier auch unterscheiden zwischen Einsteiger*innen, die sich beispielsweise in einer großen Startwelle umgeben von Männern unwohl fühlen, und Frauen, die sich gerne mit Männern messen. Gerade Frauen, die schon lange dabei sind, sehen im Triathlon auch den Reiz darin, sich der Konkurrenz zu stellen. Wir müssen beide Gruppen ansprechen und mitnehmen.

Was können Männer tun, um die sportlichen Ziele ihrer Frauen zu unterstützen?

Ulla: Der Respekt gegenüber den Einsteigerinnen ist nötig. Jede*r Athlet*in sollte sich bewusst sein, dass er*sie auch mal zu den unerfahrenen und vielleicht auch unsicheren Anfänger*innen gehört hat. In Familien wäre es hilfreich, wenn Männer ihre Frauen so unterstützen, dass sie Zeit für Training und Wettkampf haben.

Heiko: Häufig kommen Frauen über ihren Partner zum Triathlon. In solch einer Situation sollten Männer versuchen, den Spaß am Sport zu vermitteln, Mut zusprechen und die Unsicherheit vor dem Wettkampf zu nehmen.

Die DTU hat nun etwas angestoßen. Jetzt gilt es, die Umsetzung in den Landesverbänden auf den Weg zu bringen und zu unterstützen. Welche Themen sind dafür besonders gut geeignet?

Ulla: In manchen Landesverbänden ist das Thema Gleichstellung schon besetzt. Andere werden folgen. Wichtig ist: Diskussionen zu dem Thema, so ist mein Eindruck, werden überall geführt. Die DTU hat eine Vorreiterrolle und hat einen ersten Aufschlag gemacht. Diese Ideen müssen nun den Landesverbänden vorgestellt werden. Aufgabe der Landesverbände ist es dann, die Kampagne zu teilen und damit weiterzutragen. Im Austausch mit den Vereinen und deren Athlet*innen kann die Umsetzung richtig in Fahrt kommen.