Mein Leben mit Morbus Crohn - in der Achterbahn zur ersten Mitteldistanz

„Ohne Sport ist das Leben nicht lebenswert“, sagt Christian. Dabei kann er - im Gegensatz zu den meisten Menschen - nicht einfach so Sport machen, wie er möchte. Denn Christian leidet an Morbus Crohn. In manchen Phasen macht es ihm die Krankheit schwer. Trotzdem versucht er mit der Krankheit bestmöglich umzugehen. Sein Ziel ist eine Mitteldistanz.

Christian Winkler
Diese Aufs und Abs nerven mich am meisten
Christian Winkler

Christian Winkler möchte in diesem Jahr seine erste Mitteldistanz absolvieren. Er hat sich schon einen Wettkampf dafür ausgesucht und sich angemeldet: den Ironman 70.3 Switzerland Rapperswil-Jona. der gerade auf Anfang August verschoben wurde. Wie alle Triathlet*innen ist Christian davon abhängig, wie sich die Corona-Pandemie bis dahin entwickelt und ob der Wettkampf stattfinden kann. Im Gegensatz zu vielen anderen Triathlet*innen ist Christian allerdings auch davon abhängig, ob seine Krankheit einen Start zulässt oder eben nicht.

Christian hat seit rund elf Jahren Morbus Crohn. Morbus Crohn ist eine chronische Entzündung des Darms. Bauchschmerzen und starker Durchfall sind typische Symptome.

Die Krankheit verläuft bei Christian schubweise. Über große Teile des Jahres kann er recht normal trainieren. Seine Ärzte raten ihm sogar dazu, regelmäßig Sport zu treiben um das Immunsystem zu stabilisieren. Aber er hat auch Phasen, in denen die Krankheit es ihm schwer macht. Ihm fällt es dann schwer, sich zum Sport aufzuraffen, sich zu motivieren. Natürlich gibt es auch Tage, an denen es für seinen Körper besser ist, wenn er nichts tut. Ansonsten kann es sein, dass es ihm danach dann einige Tage schlecht geht. „Ich muss extrem auf die Signale meines Körpers achten“, sagt Christian. Mehr als zwei harte Einheiten die Woche verkraftet sein Körper nicht. Alle anderen Einheiten absolviert er im Grundlagenbereich.

Für Christian hatte Sport schon immer eine große Bedeutung: „Ohne Sport ist das Leben nicht lebenswert“, sagt er und fügt an: „Ich brauche Herausforderungen.“ Als Kind träumte er davon, Fußballprofi zu werden. Kurz vor einem Probetraining bei einem ostdeutschen Traditionsverein traten körperliche Probleme auf: Er hatte Schmerzen, konnte nicht mehr richtig laufen. Die Ärzte diagnostizierten Kinderrheuma. Sein Traum war zerstoben. Mit 14, 15 ging es ihm wieder besser, er konnte in der Landesliga Fußball spielen. Mit Anfang 20 betrieb er dann Bodybuilding, schaffte sogar die Qualifikation für die Deutschen Meisterschaften.

Dann setzte ihm Morbus Crohn zu. Christian sagt, dass die Medikamente, die er gegen Kinderrheuma bekam, vermutlich der Auslöser für Morbus Crohn waren.

Derzeit geht es Christian, der vor ein paar Jahren über einen Freund zum Triathlon fand, gut. Er erzählt von seinen Trainingseinheiten. Er erzählt von seiner im vergangenen Sommer für sich selbst absolvierten Mitteldistanz, nachdem Corona den geplanten Wettkampf verhindert hatte. Und er erzählt von seinen Zielen und Träumen, die er im Sport noch hat. Vor rund einem Jahr war das anders. Da hatte Christian wieder einen Schub von Morbus Crohn. Den bislang schlimmsten. Er bekam zudem eine Lungenentzündung. „Es war“, betont Christian „kurz vor knapp“.

Die Schwierigkeit für Christian ist, dass er leistungsmäßig und damit auch gefühlsmäßig in einer Achterbahn sitzt. Geht es ihm gut, kann er viel trainieren. Dann erzielt er Fortschritte. Geht es ihm nicht gut, kann er nicht oder nur wenig trainieren. Dann macht er keine Fortschritte. „Diese Aufs und Abs nerven mich am meisten“, sagt Christian.

In diesen Phasen, wenn die Krankheit ihn mal wieder im Griff hat, hat sich Christian früher oftmals gefragt: „Warum ich?” Es gab Tage, an denen wollte er nicht mehr. Da fehlte ihm die Motivation, um morgens aufzustehen. „Hat ja eh keinen Sinn”, dachte er. Das ist nun anders - nach einem Lernprozess über Jahre. „Ich habe mich mit der Krankheit arrangiert und versuche, das Beste daraus zu machen. Es gibt schließlich noch schlimmere Krankheiten“, findet er.

Christian hat seine Krankheit über Jahre verheimlicht, selbst in Partnerschaften („Das geht meistens nicht lange gut“). Mittlerweile geht er offen damit um. Er macht das, weil er anderen Menschen in ähnlichen Situationen, mit ähnlichen Problemen Mut machen will, um offen mit dieser Krankheit umzugehen. Viele schämen sich damit offen umzugehen und stoßen unbewusst andere Menschen vor den Kopf. Desweiteren möchte er aufzeigen, dass Sport und Bewegung zu einem besseren Lebensgefühl führen kann und Ziele dem Leben wieder einen Sinn geben können. Christian sagt: „Wenn ich mit meiner Offenheit nur einen Menschen dazu motivieren kann, etwas zu tun, dann habe ich doch schon mein Ziel damit erreicht.“

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